Was ist eigentlich ein Baum?

Auf den ersten Blick ist jedem sofort klar, was ein Baum ist. Trotzdem gibt es nicht immer klare Abgrenzungen zu „Nichtbäumen“.

Lebewesen werden von den Spezialisten in eine Systematik eingeordnet, die sich an der stammesgeschichtlichen Verwandtschaft orientiert. Mehrere ähnliche Arten werden zu einer Gattung zusammengefasst, diese zu Familien, usw. Diese Einteilung orientiert sich oft an den Fortpflanzungsorganen, z. B. am Aufbau der Blüten, nicht am Erscheinungsbild der Gesamtpflanze. Das hat dazu geführt, dass Bäume sehr verschiedenen Kategorien dieser Systematik angehören.

Die enge und die weite Definition

Der „strenge“ Botaniker definiert Bäume als ausdauernde und verholzende Samenpflanzen, die eine dominierende Sprossachse aufweisen und durch "typisches" sekundäres Dickenwachstum an Umfang zunehmen (6). 

Gemeinhin (und im weiteren Sinn) versteht man unter einem Baum eine
verholzende Pflanze mit ausgeprägter Stammbildung und belaubter Krone

Systematik der Bäume

Um das ganze besser verstehen zu können, habe ich die Bäume in diesem Sinn in eine vereinfachte Systematik der Pflanzen eingeordnet (Abb. 1).

Alle Bäume haben in ihrem Innern Leitungen zum Transport von Wasser und Nährstoffen, sie sind Gefäßpflanzen (Abteilung). Die meisten bilden Samen aus (Unterabteilung Samenpflanzen). Aber auch bei den sporenbildende Farnen gibt es Bäume im weiteren Sinn. Sie gehören wiederum mehreren Klassen an und werden mit dem Sammelbegriff „Baumfarne“ bezeichnet.

Abb. 1 (oben): vereinfachte Systematik der Bäume

Die Samenanlagen der Samenpflanzen sind entweder eingehüllt (Klasse Bedecktsamer) oder ohne Hülle = Nacktsamer (alle anderen Klassen). In der Gruppe der Nacktsamer gibt es 3 Klassen: die bei uns allenfalls in Palmenhäusern zu findenden Palmfarne, den Ginkgo-Baum (er bildet alleine eine eigene Klasse) und die große Klasse der Koniferen oder Nadelgehölze.

Die Bedecktsamer werden eingeteilt in Arten mit einem und solche mit zwei Keimblättern. Die Einkeimblättrigen Pflanzen haben meist längliche, parallelnervige Blätter wie Gräser oder Palmen und weisen kein typisches sekundäres Dickenwachstum auf. Zu ihnen gehören demnach auch keine Bäumen im engeren Sinn. Bäume im weiteren Sinn findet man hier in der Familie der Palmen, in anderen Familien die Drachenbäume und die Grasbäume.

Im großen Rest der Bedecktsamer - in den Gruppen der Zweikeimblättrigen Pflanzen - findet man die bei uns bekannten Laubbäume (außer dem Ginkgo, s. o.). (7) (8) (9) (10) (11)

Noch mehr zu Bäumen gibt es in der interessanten und lesenswerten Baum-Kolumne mit wunderbaren Bildern von Andrea Kamphuis. (13)

Das mit den ausdauernden und verholzenden Samenpflanzen und dem typischen sekundären Dickenwachstum wäre soweit geklärt, das mit dem atypischen Dickenwachstum schenken wir uns hier, es hat keine Bedeutung für die heimischen Bäume.

Bleibt die Sache mit der dominierenden Sproßachse bzw. der ausgeprägten Stammbildung. Beides heißt, dass in der Regel ein (Haupt-) Stamm gebildet wird. Bei manchen Gehölzarten ist die Anlage hierzu nicht stark oder eindeutig ausgeprägt, so dass manches Exemplar einer Art je nach menschlichen Eingriff, Standort und Genetik einmal eher wie ein Baum, an anderer Stelle wie ein Strauch aussieht. Solche Übergangsformen werden z. B. von Gemeinem Holunder, Gemeinem Wacholder, Burgenahorn, Kreuzdorn, Eibe, Buchs und Faulbaum gebildet (12).

Gehölzarten, die ohne äußere Eingriffe in der Regel höher als 5 m werden, wird oft aus pragmatischen Gründen und unabhängig von der Wuchsform die Eigenschaft "Baum" zugewiesen, wenngleich zahlreiche Exemplare dieser Art in der Natur auch als Strauch oder Übergangsform zu finden sind.