Wenn Bäume umziehen

Dass Bäume ihren Standort wechseln, ist nichts Außergewöhnliches. Alle Bäume, die in einer Baumschule aufwachsen, verlassen irgendwann ihre Kinderstube, um den Rest ihres Lebens in Parks, Gärten oder an Straßenrändern zu verbringen. Der Umzug geschieht in aller Regel in jungen Jahren.

Allerdings gab und gibt es auch Bäume, die ihren angestammten Platz im hohen Alter aufgeben müssen und an anderer Stelle neu eingepflanzt werden. Von drei Umpflanzaktionen wollen wir erzählen.

Die Senckenberg-Eibe in Frankfurt am Main

Abb. 1: die Senckenberg-Eibe zieht in Frankfurt zum neuen Botanischen Garten, Foto: Wikipedia (59), bearbeitet
Abb. 2: die Senckenberg-Eibe im Jahr 2020

Anfang des 20. Jahrhunderts stand in Frankfurt am Main eine etwa 300 Jahre alte Eibe im alten Botanischen Garten neben dem Eschenheimer Turm. Sie hatte eine Höhe von etwa 12 Metern und wog ca. 40 Tonnen. 1907 verkaufte die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft das Gelände. Um die Eibe zu erhalten, beschloss man, sie zum neuen Botanischen Garten zu bringen und dort wieder einzupflanzen. Nach zwei Jahren Vorarbeiten wurde die Eibe aufrecht in einem Holzkasten durch die Stadt transportiert. Für die dreieinhalb Kilometer lange Wegstrecke benötigten die beiden Dampfwalzen, die sie zogen, mehrere Wochen.

Die Eibenreise sorgte damals in Frankfurt für erhebliches Aufsehen. Die Presse berichtete täglich über den Fortgang des Transports, und Tausende Schaulustige säumten ihren Weg.

Der neue Botanische Garten wurde 1960 in den Palmengarten integriert. Die Eibe steht dort noch heute, bietet aber im Alter von etwa 400 Jahren keinen überwältigenden Anblick mehr.

Baumbewegungen im Park Branitz des Fürsten Pückler-Muskau

Abb. 3: Fürst Pückler auf Branitz

Einer der bedeutendsten deutschen Parkschöpfer im 19. Jahrhundert war der Schriftsteller und Reisende Hermann Ludwig Heinrich Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871). Der Graf der Standesherrschaft hatte über Jahrzehnte in Muskau einen Landschaftspark im englischen Stil angelegt und sich dabei finanziell übernommen. 1845 musste er die Standesherrschaft Muskau verkaufen und zog auf sein Erbschloss Branitz bei Cottbus, wo er mit den Mitteln aus dem Verkauf von Muskau sofort damit begann, einen neuen Landschaftsgarten nach englischem Vorbild anzulegen.

Pückler ließ Seen und Kanäle ausheben, Hügel aufschütten, Wald- und Wiesenflächen anlegen und machte aus der flachen Ebene eine abwechslungsreiche Landschaft. Er ritt durch die Umgegend und suchte nach älteren Bäumen für seinen Park. Er erwarb Pappeln, Eschen, Robinien, Linden und sogar eine riesige, blühende Kastanie.

Auf einer Englandreise hatte der grüne Fürst entsprechende Transportmittel gesehen und ließ sie nachbauen. Ein Langbaumwagen, mit dem der Umzug der Bäume erfolgte, ist noch heute in Branitz zu sehen. Bis zu 15 km waren Bäume aus den umliegenden Dörfern nach Branitz unterwegs. An die hundert große Bäume wurden umgepflanzt - und wuchsen dank einer speziellen Pflanztechnik gut an.

Abb. 4: der Langbaumwagen ist heute noch in Branitz zu besichtigen


Ein seltsamer Fall von Baumverehrung

Abb. 5, die Abbildungen 5 bis 8 stammen aus dem Film "Die Zähmung der Bäume" (© Copyright Vinca Film GmbH / FilmKinoText) 

Sehr spektakulär sind die logistischen Leistungen, die ein georgischer Milliardär vornehmen lässt, um seinen Traum eines dendrologischen Parks zu verwirklichen. Um einzelne Riesenbäume in seine Anlage transportieren zu können, lässt der ehemalige Regierungschef Schneisen in Wälder schlagen, störende Bäume fällen und Straßen bauen. Auch auf Schiffen werden die Baumriesen zu ihrem Bestimmungsort gebracht. Auf diese Art werden etwa 200 alte Bäume in einen 60 Hektar großen Privatgarten verpflanzt. Die georgische Dokumentarfilmerin Salomé Jashi hat die Umsiedlungsaktion in einem Dokumentarfilm festgehalten: „Die Zähmung der Bäume“. Der Film kommt ohne jeden Kommentar aus. Die Bilder sprechen für sich.

von Udo Fedderies

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Abb. 8