Kanadische Pappel bei Schwaig

Die Kanadische Pappel

»Eine Borke mit ner Furche,
worin sammeln sich die Lurche,
denn die Furche ist ‘ne tiefe,
in der Lurchi gerne schliefe.
Plasmadrüsen sind vorhanden,
wobei sie den Stiel umranden.
Dazu kurze Wimpernhaare,
keine Mistel, Gott bewahre.
Blattstielgallen eher selten.
Wird man sie deswegen schelten?
Samenkapsel mit vier Klappen,
Stammreiser nur als Attrappen.
Stamm meist grade und allein,
selten düften’s zweie sein.«

»Sag, was laberst Du dahin?
Ich erkenne keinen Sinn.«

»Himmelgranat! Ich babbel
von der Kanadisch Pappel.«


erhoben am 7. Juli 2023

Flurbaum-Steckbrief

Bezeichnung

Kanadische Pappel - Populus x canadiensis

Beschreibung

  • Einzelbaum
  • einstämmig
  • Stammumfang: 624 cm in 130 cm Höhe
  • Baumhöhe: ca. 35 m
  • Kronenbreite: ca. 20 m
  • lichte Höhe: ca. 2 m
  • Kronenform: ellipsoid
  • Alter (geschätzt): der Baum keimte um 1910 und war somit im Jahr der Messung rund 110 Jahre alt
  • arttypische Merkmale (s. u.): untere Blattnerven nicht dicht an der Basis, gerader Stammwuchs, Borke sehr tief längs gefurcht

Lebensraum

  • Grünland
  • ebenes Gelände
  • Höhenlage: 442 m
  • Begleitvegetation: Hollunder, Grasflur
  • Naturraum: Erdinger Moos
  • Vogelschutzgebiet (Flughafen)

Standort

  • bei Schwaig (östlich des Flughafens zwischen den beiden Startbahnen) 
  • Gemarkung / Gemeinde Oberding
  • Lkr. Erding, Bayern
  • Koordinaten: 48.35928, 11.81918

Risiken

  • keine (teil)versiegelten Fläche im Kronentrauf
  • keine erkannten Schäden

Besonderheit

  • sehr alter Baum
  • besonders landschaftsprägender Baum
  • Wiesenbaum

Die Kanadische Pappel ist eine Kreuzung aus der heimischen und der Kanada-Schwarzpappel. Die daraus seit etwa 1800 in Europa entstandenen "Hybriden" (oder "Bastarde") sind dann aber untereinander und mit den Eltern-Arten unbeschränkt fruchtbar. So konnte sich in den letzten gut 200 Jahren die Kanadische Pappel bei uns ausbreiten: Bäume mit allen möglichen Genvermischungen und -anteilen der Ausgangsarten. 

Die Kanadische Pappel wird bei uns gelegentlich auch Kanada-Pappel genannt. Beide Namen führen zusammen mit der Kanada-Schwarzpappel gelegentlich zu Verwirrung. 

Kleine Schwarzpappel-Genetik

In der Botanik werden Individuen, die durch Kreuzung zweier Arten entstanden sind, Hybriden oder Bastarde genannt. Sie werden oft mit einem "x" zwischen Gattungs- und Artbezeichnung gekennzeichnet. Die hybride Art Populus x canadensis beschreibt eine Fülle verschiedenster Genkombinationen beider Ursprungsarten. Dementsprechend variieren die Merkmale dieser Baum-Individuen fließend zwischen den Merkmalen der europäischen Schwarzpappel (Populus nigra) und denen der Kanadischen Schwarzpappel (Populus deltoides). 

Eine eindeutige Zuordnung eines Baum-Individuums zur europäischen Schwarzpappel ist nur über eine genetische Untersuchung möglich.

Die Kreuzung beider Ursprungsarten erfolgt nur, wenn die Kanada-Schwarzpappel als Mutter auftritt. Die Erbsubstanz ("Gene") befindet sich bei Pflanzen in verschiedenen Teilen der Zelle: im Zellkern und in den Chloroplasten. Die Erbsubstanz in den Chloroplasten bleibt oft über viele Generationen unverändert und wird nur über einen Elternteil vererbt, bei der Pappel über die Mutter. 

Durch Untersuchung dieser Chloroplasten-DNS kann festgestellt werden, ob der von der Mutter, der Kanadischen Schwarzpappel, beigetragene DNS-Anteil vorhanden ist oder nicht. Nur das gilt als eindeutiger Nachweis, ob es sich um eine Pappel mit der mütterlichen Erbsubstanz einerseits (Populus deltoides und Populus x canadensis) oder um Populus nigra andererseits handelt.


Manche Wissenschaftler halten es für fraglich, ob in Europa überhaupt noch reinerbige Populus nigra ohne genetische Beimengung der kanadischen Art existieren. (108)

Dem widerspricht eine Untersuchung der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, in der nur 14 % von 2.281 untersuchten Pappeln in Bayern Populus x canadensis waren, der Rest (86 %) Populus nigra. (109)

In dieser Untersuchung wurde auch festgestellt, dass die Artbestimmung anhand von Struktur und Form der Baum-Individuen ("morphologische Kennzeichen") für ein geübtes Auge mit hoher Sicherheit erfolgen kann.

Hinweise zur Unterscheidung Schwarzpappel - Kanadische Pappel

Merkmal Schwarzpappel Kanadische Pappel
junge Sprosse rund oder nur an der Spitze etwas kantig ± kantig, besonders an Langtrieben
Borke Muster der tiefen Rippen und Furchen netzartig, oft mit ± horizontalen Furchen vorwiegend längs gefurcht, oft sehr tief
Blattaustrieb hellgrün rötlich
Stielansatz am Blatt Drüsen fehlen, allenfalls bei kräftigen Jungpflanzen vorhanden Drüsen meist vorhanden
Blattrand kahl, nur jung etwas behaart kurze, kommaförmige Wimpernhaare
Blatt-Hauptseitennerv unteres Paar dicht an der Blattbasis unteres Paar von der Blattbasis entfernt
Blattstielgallen häufig selten
weibliche Blüten 2 sitzende Narben 2, 3 oder 4 sitzende oder kurz gestielte Narben
Frucht-, Samenkapsel nur 2-klappig öffnend 2-, 3- oder 4-klappig öffnend
Befall mit Misteln selten häufig
Stammwuchs oft mehrstämmig, krumm, vor allem bei Solitären gerade, selten mehrstämmig
Stammreiser häufig selten
Maserknollen häufig selten

Quellen: nach LWF, 2010 (109) und Achim Förster, 2010 (110)

Diese Merkmale sind nur Indizien. Die hier vorgestellten Bäume aus dem genetischen Schwarm Populus nigra und Populus x canadiensis sind nach subjektiver Einschätzung der bei der Erfassung vorliegenden Merkmale benannt. In aller Regel liegen keine objektiven genetischen Befunde vor.