Lawsons Scheinzypresse bei Griesbach

"Zum Andenken an die tugendsame Jungfrau Theres Wolf, Bauerstochter v. Griesbach, welche am 18. Juli 1908 im 28. L.Jahre Ihren frühen Tod fand durch einen Blitzschlag - Mein Jesus Barmherzigkeit"

Lawsons Scheinzypresse

Ich sitze unter Lawsons Scheinzypresse
und trinke ein Glas Wein. Die kesse
Denise ist eben noch neben mir gewest,
jetzt klettert sie schon im Zypressengeäst.

Seltsam ist das Treiben meiner Mätresse,
manchmal liegt sie unter der Scheinzypresse,
öfter noch sitzt sie in deren Krone,
im dichten Blattwerk oben, ohne
etwas zu essen dabei,
dann brate ich ihr ein Spiegelei.

„Spiegelei, Spiegelei in der Pfanne,
sag, wer ist der schönste Baum in der Flur?
Lawsons Scheinzypresse oder gar die Tanne,
Stieleiche, Rotesche oder Winterlinde?“ Stur
schweigt das Ei, bis mit den Zähnen ich knirsche.
„Es ist die Entrischenbrunner Vogelkirsche,
dahin gehört deine Scheinmätresse,
und nicht auf Lawsons Weinzypresse.
Dort wird sich für Denise erweisen,
was schon für Hirsch, Reh und Steppenwolf galt,
ein Trugbild nur kann man sie heißen,
erschaffen durch des Weingeists sanfte Gewalt.“

Die auf dem Gedenkstein genannte Theres Wolf wurde am 25. April 1880 in Griesbach geboren und starb am 18. Juli 1908 an dieser Stelle durch einen Blitz.

Die Geschichte der Familie von Theres Wolf zeigt, wie kinderreich Familien vor 150 Jahren waren. Ledige Frauen blieben oft als Arbeitskraft mit Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung auf dem Hof. Und: die Menschen verließen ab Mitte des vorigen Jahrhunderts zunehmend ihren Geburtsort.

Theres Wolf war die Tochter des Landwirts Franz Xaver Wolf und seiner Frau Therese Gruber.

Franz Xaver wurde 1843 in Allershausen geboren. Er war Sohn des Landwirts Franz Borgias Wolf. Das Gehöft trug den Hausnamen Lochner und war dort, wo heute die Robert-Koch-Str. an die Autobahn stößt. Er hatte 11 Geschwister und übernahm später den Lochner-Hof. 4 seiner Geschwister starben sehr früh im Alter von oft wenigen Tagen. Nur von ihm ist bekannt, dass er Allershausen verließ.

Seine Frau Therese, geborene Gruber, kam 1847 in Laimbach zur Welt, heute ein Ortsteil von Allershausen. Bei ihrer Hochzeit im November 1868 in Allershausen war sie 21 und er 25 Jahre alt. Sie war die einzige von 5 Geschwistern, die ihren Geburtsort Laimbach verließ. Nach ihrer Hochzeit wohnte sie mit ihrem Mann zunächst auf dem Lochner-Hof in Allershausen.

Franz Xaver und Therese hatten 9 Kinder. Die ersten 5 wurden noch in Allershausen geboren, einer von Ihnen, Korbinian, übernahm hier später den Lochner-Hof. Um 1875, also mit etwa 32 Jahren, wurde Franz Xaver der Hohnbauer im etwa 6 km entfernten Weiler Griesbach und zog mit seiner Familie dorthin.

Dort kamen weitere 4 Kinder zur Welt, als Vorletzte am 25. April 1880 die nach ihrer Mutter benannte Theres.

Von deren Geschwistern verstarben nur die beiden ersten sehr früh, von den anderen 6 fanden 3 ein Auskommen in Feldmoching, München und Miesbach.

Ihr Bruder Bernhard (*1875) war auch Landwirt und übernahm um 1907 den Hof in Griesbach. Er war fortan der Hohnbauer bis er dort 1949 starb.

Von der letztgeborenen Schwester ist der spätere Aufenthaltsort nicht bekannt. Möglicherweise lebte sie wie Therese ledig auf dem Hof des Bruders.

Die Namensgebung der zahlreichen und oft sehr früh verstorbenen Kinder ist im Vergleich zu heutigen Gepflogenheiten zum Teil ungewöhnlich. Der Vorname des Vaters wurde mehrmals vergeben, nicht nur, wenn das erste oder zweite den Namen tragende Kind verstorben ist, sondern auch, wenn sich das Alter der dann gleichnamigen Kinder deutlich unterschied. So trugen zwei nach Franz Xaver, dem Mann von Therese, geborene Brüder die gleichen Vornamen wie er, einer, der fast 10 Jahre jünger war und 5 Tage nach seiner Geburt starb und ein weiterer, der 11 Jahre jünger war. Franz Xaver selbst bedachte zwei seiner Kinder mit diesem Namen, eines davon war früh verstorben.(21)

Flurbaum-Steckbrief

Bezeichnung

Lawsons Scheinzypresse - Chamaecyparis lawsoniana

Beschreibung

  • Einzelbaum
  • zweistämmig
  • Stammumfang des stärksten Stammes in 130 cm Höhe, 238 cm (das entspricht einem Durchmesser von 76 cm)
  • Umfang des zweitstärkste Stamms in 130 cm Höhe: 207 cm
  • Stammumfang in der Taille zwischen Verzweigung und Boden in 5 cm Höhe: 402 cm
  • Baumhöhe: ca. 21 m
  • Kronenbreite: ca. 7 m
  • lichte Höhe: ca. 2 m
  • Kronenform: schmal kegelförmig
  • Alter: der Baum soll mit der Setzung des Gedenksteins gepflanzt worden sein, also 1908, der Baum keimte also um 1900 und war somit im Jahr der Messung rund 125 Jahre alt
  • bodengleiche Zwieselbildung

Lebensraum

  • Grünstreifen
  • ebenes Gelände
  • an einer Wegkreuzung
  • Höhenlage: 469 m
  • Begleitvegetation: einige kleinere Sträucher
  • Einrichtungen: Sitzbank, Gedenkstein
  • Naturraum: Donau-Isar-Hügelland

Standort

  • bei Griesbach (an der Straße von Kranzberg)
  • Gemarkung Gremertshausen
  • Gemeinde Kranzberg
  • Lkr. Freising, Bayern
  • Koordinaten: 48.3956, 11.6277

Risiken

  • eine versiegelte Fläche ist etwa 1 m entfernt
  • Bruchrisiko im Stammbereich wegen steilem Zwieselwuchs erhöht (V- Zwiesel mit einem engen Verzweigungswinkel, Zwieselohren)
  • erkannte Schäden: keine

Besonderheit

  • sehr alter Baum

erhoben am 20. September 2020



Der Flurbaum mit neuer Bank am 26.03.2022

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