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F  l  u  r  b  ä  u  m  e 

a l l e i n s t e h e n d   u n d   h e r v o r r a g e n d

Gewöhnliche Rosskastanie bei Kreut

Flurbaum-Steckbrief

Bezeichnung

Gewöhnliche Kastanie - Aesculus hippocastanum

Beschreibung

  • einstämmig
  • Stammumfang: 316 cm in 130 cm Höhe (BHU)
  • Baumhöhe: ca. 21 m
  • Kronenbreite: ca. 13 m
  • Alter: ca. 100 Jahre, Keimung um 1925

Lebensraum

  • Grünland
  • kleiner Ranken
  • geneigtes Gelände
  • Höhenlage: 489 m
  • Naturraum: Glonn-Ilm-Hügelland

Standort

  • bei Kreuth, ca. 100 m südöstlich des Ortsrands
  • Gde. Reichertshausen, Lkr. Pfaffenhofen, Bayern
  • Koordinaten: 48.46415, 11.47500

Besonderheit

  • alter Baum
  • besonders landschaftsprägender Baum
  • Wiesenbaum

Stand: Juli 2025


Eine Landschaft verändert sich - kaum

Italienische Verhältnisse?

Der Weiler Kreut gehört zur Gemarkung Reichertshausen. Seine und ein großer Teil der Kerumer Flur, der hier mitbetrachtet wird, sind nahezu vollständig von Wald umgeben. Kreut besteht aus zwei Ortsteilen: dem Hauptort und den 400 m östlich davon nach 1800 entstandenen zwei oder drei Bauernhöfen. 

Die Landwirtschaft in diesem Gebiet hat sich vielfältig entwickelt. Die meisten Betriebe haben ein Standbein in einer modernen, aber eher extensiven Produktions- und Vermarktungsnische. So findet man einen Reiterhof, eine Fischzucht, eine Mutterkuhhaltung der Galloway-Rasse (in Kerum), Biolandwirtschaft, Obstplantagen, die Erzeugung alter Getreidearten wie z. B. Dinkel sowie mehrere Hofläden zur Direktvermarktung. 

Die Flur liegt im Glonn-Ilm-Hügelland auf 470-500 m Höhe. Außer zwei am südöstlichen Waldeck zusammenlaufende Gräben gibt es keine natürlichen Gewässer. Das Landschaftsbild wird von den umgebenden Wäldern und einigen Einzelgehölzen geprägt, z. B. den in dieser Website dokumentierten Flurbäumen.

Die Landschaft um den Weiler Kreut ist nicht spektakulär, hat aber einen Charme, dessen Ursache nicht jedem auf den ersten Blick klar ist. Mancher würde die Landschaft auch "lieblich" nennen (Abb. 1).
Abb. 1: Blick von der Waldecke im Südosten
Abb. 2: die Rodungsinsel um Kreut, Bayernatlas, Bayerische Uraufnahme 1808-1864 (46)

Abb. 3: die Rodungsinsel um Kreut, Bayernatlas, Karte der Flurparzellen 2022 (167)

Abb. 2 und 3 zeigen etwa gleiche Ausschnitte der Rodungsinsel um den Weiler Kreut. Die beiden Flurbäume Kastanie (s. o.) und Stieleiche sind jeweils rot gekennzeichnet. Sieht man sich ein wenig näher um und vergleicht den Zuschnitt der Flur in der Bayerischen Uraufnahme (Abb. 2) mit dem heutigen, rund 200 Jahre älteren Flurbild (Abb. 3), erkennt man Bemerkenswertes: 

  • Die Feld-Wald-Grenze ist gleich geblieben, es gab weder Aufforstungen noch Rodungen.
  • Das Wege- und Gewässernetz hat sich nicht verändert. Viele Flurstücke haben nach wie vor keinen direkten Weganschluss, sie können also nur über andere Flurstücke erreicht werden, die nicht meist einem anderen Landwirt gehören. Wie früher führen einige bewirtschaftete Triften (Abb. 4) zu den Flurstücken.
  • Grünland wurde im Betrachtungszeitraum kaum umgebrochen und in Ackerland verwandelt. Vielmehr wurden etliche Flächen von einer einstigen Ackernutzung in Grünland übergeführt. Gründe hierfür dürften wesentlich in der Galloway-Haltung in Kerum und im Betrieb des Reiterhofs in Kreut liegen.

Abb. 4: Trift mit Doppelfunktion wie früher die Allmende: als Grünland bewirtschaftete und befahrene Fläche zwischen Graben und Acker
Abb. 6: krumme Flurstücksgrenzen
  • Einige der Flurstücke sind für frühere Verhältnisse ziemlich groß. Andere werden inzwischen zusammen bewirtschaftet, am Zuschnitt der Flurstücke hat sich aber nichts geändert: 
      • Es gibt kaum schnurgerade Flurstücksgrenzen (Abb. 5 und 6).
      • Selten weisen die Flurstücke rechte Winkel auf.
      • Die heute für Flurstücksformen angestrebten Rechtecke oder Parallelogramme gibt es im strengen Sinn hier nicht.
Abb. 5: krumme Flurstücksgrenzen

Das hat dazu geführt, dass viele Landschaftselemente und Kleinbiotope (Waldränder, Grünland, Ackerraine, Gräben, Triften, Einzelgehölze) über die Jahrhunderte erhalten blieben (Abb. 7-13).

Dadurch hat sich das Landschaftsbild kaum verändert. Aus der Stetigkeit der Biotope über Jahrhunderte konnte die Artenvielfalt mit Sicherheit ihren Nutzen ziehen.

Ein Landwirt aus Kreut, den ich bei seinem Dinkelfeld getroffen und auf meine Beobachtungen angesprochen habe, erzählt, dass es hier keine Flurbereinigung gab und er sie auch nicht vermisse.  

Abb. 7: geschlossener alter Waldrand
Abb. 9: breiter Rain
Abb. 8: offener Waldrand mit alten Bäumen
Abb. 10: breiter Rain
Abb. 11: Graben mit Altgras, links davon verbindet eine weitere Trift die Flurteile
Abb. 12: weitere Flurbäume
Abb. 13: Trift im Bereich der Kastanie

Die Rodungsinsel um Kreut ist sicher nicht der einzige Ort in Bayern, dessen Flurstücke noch den alten Zuschnitt haben. Sieht man auf dem Luftbild in Google-Maps über die Flur um Kreut hinaus, kann man deutlich eine Insel der schmalen und „krummen“ Flurstücke zwischen Pfaffenhofen und Jetzendorf erkennen. 

Mich erinnert das an Italien. Dort gibt es nach einer etwas älteren Quelle (168) und der etwas jüngeren eigenen Anschauung kaum Gebiete, die in unserem Sinn "bereinigt" wurden. 

Ob darin das Geheimnis der beeindruckenden Landschaften Italiens liegt? 

Abb. 14: Blick vom höchsten Punkt im Südwesten auf die Kreuter Flur mit der Kastanie und der Eiche im Mittelgrund